
Über die skandinavischen Länder und mitunter Finnland hört man in den deutschen Medien meist nur das Beste. Über das herausragende Bildungssystem, die hochmoderne und stark digitalisierte Infrastruktur und die unglaubliche Natur mit Nordlichtern, Rentieren, Huskies und viel Schnee wird regelmäßig höchst positiv berichtet. All das erlebten wir während unseres Auslandssemesters in Helsinki, Finnland. Nur die Nordlichter hielten sich bis zum letzten Tag vor uns versteckt…
Ein gelungener Einstieg in das Auslandssemester
Bereits in den ersten Tagen spürten wir, wie reibungslos, simpel und dennoch effektiv die Hochschule unter großem Einsatz der Haaga-Helia-Studierenden die ersten Tage für uns organisierte. Vom super freundlichen Abholservice am Flughafen zu unseren toll gelegenen Wohnungen bis hin zu einer perfekt organisierten Einführungswoche, in welcher wir vieles über die finnische Kultur, das Bildungssystem und unsere finale Kurswahl erfuhren, wurden wir fließend mit weiteren sympathischen Austauschstudenten in das finnische Leben eingeführt.
Die von uns erwartete Kälte war tatsächlich noch nicht eingebrochen und wir genossen in unseren ersten Wochen in Helsinki fantastischen Sonnenschein, als wir die verhältnismäßig kleine und dennoch bezaubernde Stadt mit ihrem wunderschönen Hafen erkundeten. Weitestgehend taten wir dies zu Fuß, jedoch wäre das immer pünktliche und ausgereifte öffentliche Verkehrsnetz auch zu jeder Zeit eine passende Option gewesen. Auf diese kamen wir in den späteren Monaten bei Kälte und Regen gerne zurück.
Die Finnen – introvertiert, aber sehr hilfsbereit
Während unserer ersten Vorlesungswochen merkten wir schnell, dass sich die meisten Klischees über Finnen bewahrheiteten. So lieben sie sehr stark ihren „Personal Space“ und sind von Natur aus introvertierte Menschen, welche jedoch in jeder Gruppenarbeit äußerst freundlich, hilfsbereit und zuvorkommend agieren, sobald man sich einmal kennengelernt hat. Gleichzeitig musste man sich an den etwas zurückhaltenden Vortragsstil der Professoren gewöhnen, welche sich gerne an ihren Folien entlang hangeln – aber immer für Spaß und eine positive Lernatmosphäre in der Vorlesung sorgen.
Viele Gruppenarbeiten
Während unserer vier Monate im finnischen Uni-System arbeiteten wir an einer Vielzahl von Gruppenarbeiten, Präsentationen und Abgaben, welche thematisch sehr abwechslungsreich und interaktiv in die diversen Vorlesungen integriert waren. Folglich hatten wir einen geringeren als den von uns gewohnten „Lernstress“ innerhalb einer Woche, jedoch vielmehr kontinuierliche To-Do’s, um die vielen Abgaben und Deadlines einzuhalten. Lediglich in zwei Kursen hatten wir tatsächliche Mid-Terms sowie eine finale Klausur, da meist die Gruppenarbeiten zu einem Großteil in die finale Note einfließen.
Fortschrittliches Bildungssystem
Einmalig waren vor allem zwei Erfahrungen, welche sowohl die Praxisnähe als auch die Fortschrittlichkeit des finnischen Bildungssystems unterstreichen. In einem unserer ersten Kurse, „International Competitive Strategy“, absolvierten wir in Teams ein Strategy-Simulationsspiel, in welchem wir mit unserer Gruppe einen Marktteilnehmer vertraten und für ihn Pricing, Marketing-Budget, Taxation und vieles mehr bestimmten, um über zehn Runden Märkte zu erobern – ganz im Stile US-amerikanischer Eliteuniversitäten.
In einem weiteren Modul, „BtoB Business Sales“, hatte die Hochschule ein hochentwickeltes Sales Lab im fünften Stock der Hochschule installiert, in welchem wir unsere erarbeiteten Sales-Pitches einem weiteren Team präsentierten. Währenddessen wurde eine ausgefeilte Gesichtserkennungssoftware angewandt, welche die Mimik aufnahm, analysierte und simultan grafisch darstellte, wie gut der Pitch tatsächlich bei dem Kunden ankam.
Über alle Kurse hinweg wurde sehr deutlich, dass kein BWL-Studierender mehr an den Themen Sustainability und Environmental Conservation vorbeikommt und gerade die „Nordics“ einen hohen Wert darauf legen.
Von St. Petersburg nach Stockholm
Neben der Uni hatten wir genug Freizeit, um uns sowohl die finnische Kultur durch studentische Aktivitäten und Festivitäten zu erschließen als auch umliegende Länder und Städte zu erkunden. Überragend war der Service des Erasmus Student Networks, durch welches wir großartige Reisen, wie z. B. nach St. Petersburg zu fairen Preisen buchen konnten. So reisten wir mit rund 100 weiteren Studierenden aus unterschiedlichen finnischen Unis mit einer Fähre für vier Tage nach St. Petersburg und nahmen von dort viele schöne Erfahrungen mit.
Mit den Rentieren zu Santa Claus
Individuell reisten wir nach Stockholm und Tallinn und besichtigten weitere Städte um Helsinki herum. Highlight bleibt jedoch unsere mehrtägige Reise nach Lappland, wo wir die finnische Hochkultur erlebten. Schlittenfahren mit Rentieren oder Huskies, eine Nachtsafari, um Nordlichter zu sehen – leider ohne Erfolg –, und der Besuch des Santa Claus Villages standen auf dem Programm. Hier machten wir ein Foto mit Santa Claus persönlich, welcher übrigens jährlich 20 Millionen Briefe erhält und beantwortet.
Eine Stadt, die viel bietet – und kostet
Helsinki bietet für die Freizeit zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten. In der Stadt gibt es eine Vielzahl schöner Cafés und Restaurants. Zudem warten in Helsinki tolle Laufrouten entlang des Meeres oder man erkundet die Stadt auf dem E-Scooter. Darüber hinaus bot die Haaga-Helia ein Gym für ihre Studierenden an. Auch einen Spa-Bereich mit Sauna und Schwimmbad konnten wir jederzeit kostenlos nutzen.
Gleichermaßen muss man die vergleichsweise teuren Lebenshaltungskosten erwähnen. So ließ man bereits gut Geld liegen, wenn man nur mal auf einen Kaffee in die Stadt ging oder abends vernünftig Essen gehen wollte, was letztendlich aber zu einem Anteil vom Erasmus+-Programm kompensiert wird. Dennoch ergaben sich auch ausgezeichnete Möglichkeiten zu angemessenen Preisen an der Kultur teilzuhaben, z. B. durch das Verfolgen der finnischen Volkssportart Eishockey im Stadion – jedes Mal eine brillante Erfahrung.
Unser Fazit
Unser Auslandsaufenthalt in Helsinki war sowohl akademisch als auch kulturell eine bereichernde Erfahrung, die wir nur weiterempfehlen können. Man kann beispielsweise wie ein Großteil der Austauschstudenten in WGs unterkommen und nicht wie wir in Studio Apartments, womit man sich selbst auch schon mal ein paar Euro im Monat sparen kann. Das Angebot der Haaga-Helia sowie die Vielzahl an Optionen zum Feiern und Reisen durch das Erasmus Student Network sind unglaublich und machen die Erfahrung in Helsinki zu einer ganz besonderen. Zudem kommen die „gefürchteten“ Wintertage mit viel Regen und Schnee erst ab Januar und Februar, weshalb man diese tatsächlich mit dem Wintersemester in Helsinki übergeht. Die Reise nach Lappland lässt jedoch ahnen, wie das dann aussehen wird, besonders durch die wenigen Sonnenstunden.
Konstantin Krakau, International Sports Management 2020
Maximilian Riegel, General Management 2020
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