
Sonntagmorgen, zehn Uhr. Während andere noch im Bett liegen oder das zweite Croissant am Frühstückstisch verspeisen, ist accadis-Business Communication Management-Studentin Lara García (LG) schon aktiv. Sie singt in der Band einer christlichen Gemeinde – samstagabends und sonntagmorgens. Zusätzlich organisiert sie Gottesdienste und Events für junge Erwachsene und nimmt privat Gesangsunterricht. In einem spannenden Interview erzählt sie von dem Unterschied zwischen Band- und Chorgesang, chaotischen Bandproben, und wie sich ein Management-Studium auf Gemeindearbeit anwenden lässt.
Liebe Lara García, Sie sind in Ihrer Freizeit in einer christlichen Gemeinde aktiv. Welche Gemeinde ist das?
LG: Ich bin in der C3 Church Hanau, einer freien evangelischen Gemeinde, aktiv. Die Gottesdienste sind „lockerer“, moderner als in vielen Landeskirchen. Wir haben z. B. eine Jugend- und eine Erwachsenenband, die Pop- und Rocksongs singen.
Was machen Sie in Ihrer Gemeinde und seit wann?
LG: Seit 2013 singe ich in einer Band, die in Gottesdiensten auftritt. Zusätzlich bin ich seit knapp zwei Jahren zuständig für die Organisation von Veranstaltungen für junge Erwachsene. Darunter fallen Gottesdienste speziell für 18- bis 25-Jährige, die einmal im Monat stattfinden. Dazu kommen Treffen außerhalb der Gottesdienste, die dazu dienen, sich besser kennenzulernen und die Gemeinschaft auch abseits der Gottesdienste zu fördern.
Organisieren Sie das alles allein oder haben Sie Unterstützung?
LG: Wir sind ein kleines Team von vier Personen. Innerhalb des Teams gibt es keine Hierarchie, ich übernehme nur hin und wieder die Rolle desjenigen, der „den Kopf hinhält“.
Die Band, in der Sie spielen, hat sich auf moderne christliche Rock- und Popsongs spezialisiert. Sind alle Bandmitglieder von Hause aus Musiker?
LG: Nein, wir sind eine gemischte Truppe, circa 50 Prozent sind gelernte Musiker, wir sind also keine Profiband.
Wie viele Mitglieder hat die Band?
LG: Wir sind circa 15 bis 20 Personen in allen Altersgruppen. Zwei Schlagzeuger, fünf E-Gitarristen, zwei Bassisten, drei Keyboarder. Ursprünglich waren es zwei Bands, die wir zusammengelegt haben. Man wechselt sich bei den Auftritten ab. Jede Woche spielen jetzt andere Personen in der Band miteinander. Das ist nicht immer leicht. Die Proben sind manchmal etwas chaotisch. Ein Problem ist auch, dass wir nur drei Sänger sind, die bräuchten wir eigentlich nicht einzeln im Wechsel, sondern ständig zu dritt auf der Bühne. So komisch es für Außenstehende klingen mag, Singen ist sehr anstrengend. Da ist man nach einem Auftritt echt platt und froh über jede stimmliche Unterstützung. Da wir manchmal samstagsabends und gleich am Sonntagmorgen wieder Gottesdienste haben, ist man nach einem Wochenende manchmal müder als vorher.
Wie oft proben Sie?
LG: Wir proben einmal pro Woche, meist zwei Stunden, und jeweils vor den Gottesdiensten. Unser Repertoire an Cover-Songs erweitern wir alle zwei Monate um einen neuen Song, für den meist ein alter wegfällt.
Wie ist das Verhältnis deutsch- und englischsprachiger Lieder im Repertoire Ihrer Band?
LG: Wir singen sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch, um alle Altersgruppen anzusprechen. Bei den englischsprachigen Songs läuft auf einer Leinwand der deutsche Text mit. Wir versuchen auf ein 50 zu 50-Verhältnis zu achten. Für mich als Sängerin ist es aber immer etwas Besonderes, deutsche Lieder zu singen. Klar verstehe ich auch die englischen Songs, aber das Verständnis für die Muttersprache ist ein ganz anderes. Diese Songs kann ich auf der Bühne ganz anders leben.
Gibt es ein Lied, das bei allen Generationen beliebt ist?
LG: „Oceans“ von Hillsong United, einer Band aus Australien, singen alle gern mit.
Sie selbst übernehmen den Gesangspart in der Band. Haben Sie nebenbei bzw. hatten Sie früher Gesangsunterricht?
LG: Ich habe schon im Alter von drei Jahren gesungen und war jahrelang im Chor. Seit einem Jahr habe ich alle zwei Wochen Gesangsunterricht. Der Chor hat mir aber weniger gebracht als die Band und der Einzelunterricht. Bis ich in der Band war, wusste ich nicht einmal, dass es so etwas wie eine Bruststimme gibt. Durch die Band bin ich mittlerweile auf einem ganz anderen Gesangslevel. Man erlebt das Singen auf der Bühne in einer Band auch anders als das Singen in einem Chor. Ich kann mich noch gut an meine erste Bandprobe mit Mikro erinnern. Man hört sich ganz neu und singt anders. Ich kann mir gut vorstellen, das später professioneller zu machen. Da tut sich auch gerade einiges bei uns in der Gemeinde, wir vergrößern beispielsweise derzeit die Bühne.
Was gibt Ihnen der Einzelunterricht für den Gesang in der Band mit und wie sieht der Unterricht an sich aus?
LG: Im Einzelunterricht kann man gezielt an seine eigenen Grenzen gehen. Mit meinem Lehrer übe ich Wunschlieder – weniger christliche Lieder, eher Lieder aus dem Radio. Der Unterricht ist relativ locker gestaltet. Eine Herausforderung ist sowohl im Gesangsunterricht als auch auf der Bühne als Bandmitglied die Bruststimme. Sie ist kraftvoller als die Kopfstimme und eignet sich für „Powersongs“ mit Begleitung durch Instrumente. Es ist aber sehr anstrengend, mit Instrumenten mitzuhalten. Ansonsten machen wir natürlich Zwerchfell- und Aussprachübungen. Da kommt es auf Feinheiten an. Töne werden beispielsweise anders wahrgenommen, je weiter man den Mund beim Singen öffnet. Atemübungen sind ebenso ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts.
Wenn Sie die Lieder für den Gottesdienst nicht im Gesangsunterricht üben – wann üben Sie sie dann?
LG: Ich singe viel nebenher, zum Beispiel im Auto, da hat man die Songs irgendwann drauf.
Nun zu dem organisatorischen Teil Ihrer Aktivitäten – welche Events organisieren Sie?
LG: Wir organisieren einmal im Monat das Connect-Treffen. Diese Treffen sollen der Gemeinschaft außerhalb der Gottesdienste dienen, wir essen gemeinsam und unterhalten uns über Predigten aus dem Gottesdienst sowie Themen, die die einzelnen gerade bewegen oder die sie interessant finden. Es ist manchmal schwierig, das „cool“ rüberzubringen. Wir arbeiten selbst gerade noch an dem Konzept. Zusätzlich veranstalten wir einmal im Monat spezielle Gottesdienste für junge Erwachsene.
Was muss rund um den Gottesdienst alles organisiert werden?
LG: Da wäre das Motto des Abends, wer predigt, wie viele Songs werden wann gesungen, wer macht die Moderation, wer die Ankündigungen. Das sind nur einige Elemente eines Gottesdienstes. Wir versuchen auch immer, im Ablauf etwas zu variieren, wir wollen es ansprechend gestalten. Darüber hinaus werben wir für die Events. Wir haben einen PowerPoint-Newsclip, der muss gestaltet und auf Facebook hochgeladen werden. Im Zweifelsfall schickt man ihn auch nochmal an alle Interessierten per Mail. Derzeit überlegen wir sogar, etwas Geld für Werbung auf Facebook in die Hand zu nehmen. Wir müssen zudem Essen und Getränke organisieren, die Besucher sollen auch nach den Gottesdiensten noch etwas bleiben wollen. Uns ist wichtig, dass man auch zusammenkommt, um eben zusammen zu sein, nicht nur um des Gottesdienstes willen. Man freut sich auf die Gemeinschaft und motiviert sich gegenseitig. Neben dem Gottesdienst für junge Erwachsene gibt es auch einen Jugendgottesdienst für 14- bis 18-Jährige, der aber nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fällt. Die Jugendband probt relativ selbstständig, was ich sehr beeindruckend finde. Die Bandmitglieder sind alle 16 bis 18 Jahre und sehr gute Musiker. Da sind die Gottesdienstbesucher immer wieder überrascht.
Was macht Ihnen mehr Spaß, das Singen oder das Eventmanagement?
LG: Das ist schwierig, denn es sind so unterschiedliche Dinge. Aber Singen ist eher meine Passion, ich wollte schon als Kind immer auf der Bühne unserer Gemeinde stehen. Als Jugendliche hatte ich den Draht zum Glauben dann fast vollkommen verloren. Jetzt bin ich aber doch wieder „dort“ gelandet. Das Singen ist für mich Entspannung pur, dabei kann ich auch vom Studium abschalten. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich auf die Bühne gehe. Wir bekommen nach dem Umbau des Gemeindegebäudes einen Saal für 400 bis 500 Leute, das ist ein tolles Erlebnis, auf der dazugehörigen Bühne zu stehen. Ich mache das nicht, um mich selbst zu präsentieren, sondern für die Gemeinde. Es ist bewegend, wenn man sieht, wie viel durch diese Events in den Menschen passiert, wenn die Leute sich bei uns als Band bedanken und gern wiederkommen. Denn man denkt oft „ich habe doch gar nicht viel gemacht“.
Wie hoch ist der Zeitaufwand für Ihre Aktivitäten in der Gemeinde?
LG: Das sind etwa 15 Stunden pro Woche aktiver Zeit vor Ort in der Gemeinde, also Bandproben, Gottesdienste plus Stimmproben davor, und zusätzlich der Gesangsunterricht. Dazu kommt natürlich noch die terminliche Absprache mit den anderen Bandmitgliedern. Das kann schon mal stressig werden, zumal ein großer Teil des Wochenendes drauf geht. Aber ich mache es gern, denn es gibt mir sehr viel.
Wie viele Besucher kommen im Schnitt zu den von Ihnen organisierten Events?
LG: Die Gemeinde besteht aus circa 300 Mitgliedern. Dazu kommen noch Gäste. Zu den Connect-Treffen kommen etwa 20 Personen im Schnitt. Aber das soll ja auch eine eher „gemütliche“ Veranstaltung sein. Zum Gottesdienst für junge Erwachsene kommen circa 50 Personen. Im Jugendgottesdienst sind es meist an die 100 Besucher, angefangen hatten sie damals mit zehn Gästen.
Konnten Sie bereits Inhalte aus Ihrem Studium in der Planung der Events und innerhalb der Band anwenden?
LG: Eigentlich konnte ich fast alles schon anwenden: Kommunikation im Team, Eventmanagement, Präsentationen, PowerPoint für den Newsclip, Marketing, das ergänzt sich alles gut. Ganz wichtig ist natürlich die Sensibilität im Management und in der Teamleitung, die wir im Studium lernen. Gerade wenn man in einer Gemeinde aktiv ist, ist Sensibilität in einem noch größeren Maße gefragt als im Job. Dass mir die Module aus dem Studium so viel in der Gemeindearbeit helfen, motiviert natürlich auch sehr für das Studium.
Soll es beruflich auch in Richtung Gemeindemanagement gehen?
LG: Wahrscheinlich schon, ich werde auch mein Praktikum in unserer Gemeinde machen. Allein durch den Neubau wird so viel zu tun sein, was Marketing und Presse beispielsweise angeht. Die Arbeit in der Gemeinde erfüllt mich einfach. Ich arbeite nebenher auch noch in einer Marketingagentur. Das ist ganz nett zum Geldverdienen, aber eine Leidenschaft ist es nicht. Sicher bekomme ich auch von meiner Oma ab und zu Sätze zu hören wie „Mach doch was ‚Richtiges‘, wo du Geld verdienst“. Aber das Studium gibt mir persönlich eben ganz viel für meine Passion. Ich sehe den Nutzen meines Studiums in anderen Bereichen als dem Finanziellen.
Möchten Sie noch ein Theologie-Studium auf Ihren Management-Bachelor packen?
LG: Eventuell mache ich ein Jahr Bibelcollege. Das geht auch online. Aber ein Theologie-Studium wird es wohl nicht. Das ist mir zu viel Analyse für meinen Glauben – den kann man nur bis zu einem gewissen Grad analysieren.
Liebe Lara García, vielen Dank für das spannende Interview.
Foto: (c) Lara Garciá
Ein musikalisches Hobby hat auch accadis-Student Timo Giesecke. Er ist Sänger in einer Band.