„Es ist gar nicht so leicht, fünf Meinungen zusammenzuführen.“

timo giesecke

Metal ist nur unmelodisches Gebrüll von Menschen in schwarzer Kleidung? Ein klares Vorurteil. Die Band Texas Local News, zu der auch accadis-Marketing and Event Management-Student Timo Giesecke (TG) gehört, mischt bis zu fünfstimmigen Gesang mit Metal-Elementen und hat sich so auf dem europäischen Musikmarkt eine eigene Nische geschaffen. Über den Release des neuen Albums, seine Rolle innerhalb der Band, über die Organisation von Auftritten, das Songwriting, Band-Diskussionen und das Marketing and Event Management-Studium spricht Timo Giesecke in einem spannenden Interview.

Timo Giesecke, Sie spielen in der Band Texas Local News. Wie viele Mitglieder hat die Band und welche Musikrichtung zeichnet die Songs aus?

TG: Wir sind fünf Bandmitglieder und spielen Metalcore-Pop. Unsere Songs sind kontrastreich, denn es treffen bis zu fünfstimmige Melodien – wir haben zwei Frontsänger, männlich und weiblich, sowie drei Backing Vocals – auf harte Metal-Elemente. Das macht unsere Stilrichtung deutschland- und europaweit einzigartig.

Wie kam es zu dem Bandnamen „Texas Local News“?

TG: Das reicht fast genau fünf Jahre zurück, am ersten April 2016 hatten wir fünfjähriges Bandjubiläum. Damals haben wir bei Google nach lustigen „Local News“ der US-amerikanischen Südstaaten gesucht. Fündig geworden sind wir mit den Suchworten „Texas, Local, News“ zwar nicht – aber wir hatten einen Bandnamen, der im deutschsprachigen Raum gut ausgesprochen werden kann. Das war uns wichtig.

Wie ist die Band organisiert?

TG: Wir haben die anfallenden Aufgaben verteilt. Was Musik und Bühnenauftritte angeht, sind alle Bandmitglieder generell gleichgestellt. Zusätzlich hat jeder einen Bereich, in dem er oder sie der Experte ist. Ich zum Beispiel führe 90 Prozent der Interviews, übernehme den Großteil der Organisation und die PR. Ein anderes Bandmitglied kümmert sich um die Finanzen, jemand anderes um die Grafik oder das Merchandising. Wir lernen auf diese Art viel für das berufliche Leben. Nebenher arbeite ich auch noch als Projektmanager in einer Werbeagentur, da mache ich – natürlich auf einem anderen Level – ähnliche Sachen: Teams zusammenhalten, Deadlines ein- und den Überblick behalten.

Seit wann spielen Sie in der Band?

TG: Von Anfang an, seit 2011. Die Band hat weitgehend konstante Mitglieder.

Welches Instrument spielen Sie in der Band?

TG: Ich bin Frontsänger und spiele Bass.

Was am Gesang bzw. Bass macht Ihnen am meisten Spaß?

TG: Faszinierend am Gesang ist für mich, dass völlig fremde Personen unsere Songs mitsingen. Das ist immer eine tolle Bestätigung. Als Bassspieler ist man das Fundament der Musik. Der Bass macht Songs stabiler und gleichzeitig energetischer. Laien erkennen das oft nicht. Ihnen fällt erst auf, dass es den Bass gibt, wenn er nicht mehr da ist.

Welche Herausforderungen stellen sich Ihnen als Sänger und Bassspieler?

TG: Im Gesang ist es herausfordernd, während unserer körperlich aktiven Bühnenperformance die Töne und die gesangliche Qualität zu halten. Es ist auch nicht einfach, fünfstimmige Vocal-Melodien zu arrangieren. Der Bassspieler auf der anderen Seite muss sich oft zurücknehmen und eben das Fundament der Musik sein. Ziel ist es, immer „in time“ zu spielen, um ein Gerüst für die anderen Instrumente zu sein. Nur so erkennt das Publikum ein rundes Konzept.

Was macht Ihnen an Ihrer Band am meisten Spaß?

TG: Ich merke nicht, wie die Zeit verfliegt, wenn ich Sachen für die Band erledige oder mit ihr probe. Manchmal „arbeite“ ich an Samstagen sechzehn Stunden für die Band, ohne dass ich das realisiere. Die Entwicklung unserer „Produkte“, der Songs und Konzerte, macht mir auch viel Spaß, einfach der ganze Entstehungsprozess. Das ist ein vielfältiger Job: Songs schreiben, Bühnenauftritte organisieren, Promo-Aktionen, Merchandising und vieles mehr.

Was ist für die Band die größte Herausforderung?

TG: Die Meinung aller fünf Individuen auf einen Nenner zu bringen. Da wir niemanden haben, der die Entscheidungsführung innehat, also keinen „Chef“, ist es leichter gesagt als getan, fünf Meinungen zusammenzuführen.

Über was wird in der Band am meisten „diskutiert“?

TG: Über alles. In den vergangenen Wochen befanden wir uns aufgrund des Album-Releases in einer reinen Organisationsphase, da diskutierten wir auch mal über die minimalste Änderung in einem Facebook-Post. Die hitzigsten Diskussionen gibt es natürlich beim Songwriting.

Warum hatte die Band bis vor kurzem einen wütenden Panda als Logo?

TG: Mit dem neuen Album wird der arme Kerl als Logo abgelöst. Er steht allerdings immer noch symbolisch für unsere kontrastreiche Art der Musik: Melodie und Gesang treffen auf die brachialen Elemente des Metal. Ein Pandabär wird meist als friedliches Tier wahrgenommen. Niemand käme auf die Idee, dass er wütend werden kann. Und nein, er hat nichts mit der Pandamaske von Cro zu tun. Das neue Logo besteht aus drei Symbolen: Flamme, Sanduhr und Wassertropfen. Auch das soll die Kontraste in unserer Musik darstellen.

Wie ist es um das Merchandising der Band bestellt?

TG: Als überregionale Band kann man sich nicht mehr über den Online-Verkauf von Musik finanzieren. Primär finanziert man sich über Live Shows und Merchandising. Diese Produkte können wir Fans mitgeben und sie repräsentieren uns in der Öffentlichkeit. Wir wählen für unsere Merchandising-Produkte bewusst Motive, die nicht gleich darauf hinweisen, dass wir eine Band sind. Wir fragen uns immer: Was ist gerade modern? Was sähe nur gewollt aus? Für die Motive haben wir mit Designern aus den USA gearbeitet. Wir denken, wenn man mehr für das Merchandising ausgibt, kriegt man später auch mehr zurück. Wir bekommen mittlerweile Bestellungen zum Beispiel aus London.

Wie oft und wo tritt Texas Local News im Jahr auf?

TG: Im letzten halben Jahr waren wir mit den Vorbereitungen des Album-Releases beschäftigt, dementsprechend gab es weniger Auftritte. Normalerweise haben wir dreißig bis vierzig Konzerte im Jahr. Wir spielen nicht in riesigen Konzerthallen oder Arenen. Es sind aber bekannte Orte dabei: Letztes Jahr sind wir in der Batschkapp in Frankfurt aufgetreten. In manchen Gegenden Deutschlands gibt es aber nur Jugendzentren, in denen eine Band auftreten kann. Wir sind überregional unterwegs, waren zum Beispiel schon in Dresden, auf Festivals in Düsseldorf oder Bayern. Im Mai spielen wir in Hamburg. Hin und wieder machen wir auch das umliegende Ausland unsicher.

Auf dem Facebook-Bandprofil hatte die Band im Mai des vergangenen Jahres zur Teilnahme an einem Videodreh aufgerufen.

TG: Richtig, wir hatten unsere Fans dazu aufgerufen, sich für die Teilnahme an einem Videodreh zu melden. Es hatten sich circa sechzig Fans gemeldet. Gedreht haben wir in der Kommune 2010 in Offenbach. Das war spannend. Da standen dann an die fünfzig Leute vor der Kamera. Hinter der Kamera befand sich eine große Soundanlage. Der Song wurde wieder und wieder abgespielt und wir spielten dazu Playback. Das haben wir etwa zwanzig Mal gemacht, was sehr anstrengend war. Aber der lange, heiße Tag im Mai hatte sich gelohnt. Anfang März diesen Jahres gab es den Release der Single Disclosure.

Wo kann man sie erwerben?

TG: Man kann sie weltweit auf allen gängigen Download- und Streaming-Portalen herunterladen. Veröffentlicht haben wir die Single und das neue Album über das Plattenlabel Redfield Digital. Das ist ein reiner Online-Vertrieb.

Wo wir gerade bei Facebook waren – wie läuft das Marketing ab?

TG: Ich war beziehungsweise bin an der accadis Hochschule in einer „guten Schule“ und habe deshalb das nötige Know-how. Die Online-Aktivitäten mache ich alle selbst und probiere die Marketing-Elemente, die ich während meines Studiums kennenlerne, aus. So kann ich durch eine Art Trial-and-Error-Prinzip herausfinden, was für uns geeignet ist. Im Marketing-Fokus sind die Website, Facebook, Instagram und YouTube. Die Herausforderung besteht darin, diese Kanäle gleichwertig zu bespielen und ein homogenes Gesamtbild entstehen zu lassen. Die Kanäle haben unterschiedliche User. Instagram ist eher international ausgerichtet und betreut die Fans aus den USA. Facebook holt unsere deutschen Fans ab.

Spielt Texas Local News nur eigene Songs?

TG: Ja, wir spielen seit jeher nur eigene Songs. Cover gibt es höchstens mal als Gag. Aber auch das hält sich in Grenzen. In den letzten fünf Jahren haben wir vielleicht zwei Songs gecovert.

Wann kam das Debut-Album auf den Markt?

TG: Der Release war am 6. Mai.

Gibt es neben Marketing-Elementen noch weitere Inhalte Ihres Studiums, die Sie auf Ihr Hobby anwenden können?

TG: Grundsätzlich sind es die Marketing- und insbesondere die Online-Marketing-Aktivitäten. Zusätzlich helfen Inhalte, die sich mit Strategic Planning auseinandersetzen, und die Leadership Skills.

Hat Ihr Hobby die Studienwahl beeinflusst?

TG: Jein. Die Affinität zum Marketing war bei mir schon immer da, ein grundsätzliches Interesse an Musikmanagement, Marketing und Presse-|Öffentlichkeitsarbeit. Die Musik war aber nicht erstes Entscheidungskriterium.

Wie hoch ist der zeitliche Aufwand für Ihr Hobby?

TG: Wir proben zwei Mal pro Woche mehrere Stunden. Jeden zweiten Tag kommen mehrere Stunden Organisations- und Promo-Arbeit dazu. Generell steckt hinter dem Hobby „Band“ mehr Arbeit, als Freunde und Familie denken – und auch mehr, als wir anfangs dachten.

Was fesselt Sie grundsätzlich an der Musik?

TG: Emotion. Emotionen im Song und vor allem während Live Shows. Live Spielen ist ein Muss für mich, das gibt Erfüllung. Durch die Interaktion zwischen Fans und Band hat man aufregende emotionale Begegnungen.

Was muss man mitbringen, um in einer Band zu spielen?

TG: Ausdauer. Ich habe schon mit zwölf Jahren Musik gemacht und bin immer noch nicht da, wo ich hinwill, auch wenn ich meinem Ziel näher komme. Wir haben schon in den letzten „Baracken“ gespielt und mussten viel üben, um so gut zu sein wie jetzt, das dauert. Es lohnt sich aber.

Soll es beruflich auch in Richtung Musik gehen?

TG: Das ist eine heikle Frage, kein Musiker würde da direkt nein sagen. Ich bin aber realistisch. Es ist unwahrscheinlich, dass wir als Band einmal hauptberuflich auftreten. Dafür müssten wir noch viel mehr Zeit und Energie in die Band stecken, was wir nicht können. Wir sind alle Studenten oder arbeiten in Vollzeit. Das wird auch so bleiben. Denn selbst wenn eine Band erfolgreich ist in Randnischen wie der unseren, nimmt das Finanzielle eine große Rolle ein. Unseren Lebensunterhalt könnten wir als hauptberufliche Bandmitglieder nicht bestreiten.

Was steht als nächstes an?

TG: Am 15. Mai spielten wir die erfolgreiche Release-Show im Nachtleben in Frankfurt. Es folgen diverse überregionale Termine. Die genauen Daten findet man auf Facebook. Einfach mal vorbeischauen.

Lieber Timo Giesecke, vielen Dank für das spannende Interview.

Foto (c) Texas Local News

Auch accadis-Studentin Maria Hademer geht spannenden Hobbies nach. Sie lernt parallel zum Studium Japanisch, hat bereits ein Buch geschrieben und veröffentlicht, singt und ist großer Sherlock Holmes-Fan.  

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