Vom Rhönrad zu Ninja Warriors Germany

kassandra geyer cyr

In ihrer Freizeit turnt accadis-Studentin Kassandra Geyer Rhönrad oder beeindruckt auf Veranstaltungen mit ihrer akrobatischen Show im Cyr-Wheel. Spagat und Salti gehören für sie genauso zum Alltag wie Krafttraining. Über ihr ungewöhnliches Hobby – und ihre Teilnahme an der RTL-Show Ninja Warrior Germany im Sommer 2017 – hat sie mit uns gesprochen.

Liebe Kassandra Geyer, in Ihrer Freizeit turnen Sie Rhönrad und Cyr. Für die, die es nicht kennen: Was ist ein Rhönrad und wie unterscheidet es sich von einem Cyr-Wheel?

KG: Ein Rhönrad besteht aus zwei großen, mit Hartgummi ummantelten Reifen, die durch Stangen und Griffe verbunden sind. Für die Grundübungen nutzt man Bindungen, um sich im Rad zu stabilisieren. Das Cyr ist im Prinzip einer der beiden Rhönradreifen ohne Stangen und Griffe. Man hat also nichts, woran man sich festhalten kann. Vorstellen kann man sich das am ehesten wie einen riesigen Hula-Hoop-Reifen. Der Unterschied in der Bewegung ist, dass das Rhönrad aufgrund der zwei Reifen geradeaus rollen kann. Man kann auch wie eine Münze „trullern“, auf das Rad aufspringen und mit Salti davon abspringen. Mit dem Cyr, das nicht geradeaus rollen kann, gehen nur Spiralbewegungen. Oder man dreht sich auf der Stelle.

Was fasziniert Sie an dem Sport?

KG: Ich turne Rhönrad, seit ich fünf Jahre alt bin. Mir gefällt, dass man die Freude am Sport mit klassischen Gymnastikübungen verbinden und gleichzeitig das Rad kontrollieren kann. Es macht Spaß, diese Macht zu spüren, die man über das Rad hat, je nachdem in welche Richtung man sich bewegt. Schön ist auch, dass der Sport viele Komponenten umfasst: Kraft, Kondition, Konzentration und eben die kunstturnerischen Elemente. Im Cyr-Turnen begeistern mich dagegen die Show-Elemente, das sehe ich als vom Wettkampfsport etwas distanziert. Es motiviert unglaublich, wenn man eine eigene Show auf die Bühne bringt, passende Kostüme dazu sucht und in dieser Kombination eine Geschichte erzählt.

Wie oft trainieren Sie in der Woche?

KG: Früher habe ich bis zu viermal in der Woche trainiert und eine Kindergruppe geleitet. Dann habe ich ein Jahr bei Mainz 05 gearbeitet und auf drei Trainingseinheiten reduziert. Nach meinem Umzug für das Studium habe ich mir einen neuen Verein gesucht, in dem ich wieder eine Kindergruppe trainieren kann. Selbst zu trainieren, schaffe ich aber derzeit nur einmal pro Woche.

Was war bisher Ihr größter Erfolg im Rhönrad- und Cyr-Turnen?

KG: Im Rhönradturnen ist es für mich immer ein großer Erfolg, wenn ich mich für die Deutschen Meisterschaften qualifiziere. In den letzten sieben Jahren habe ich das auch immer geschafft. Darüber hinaus durfte ich auch schon einmal in der Jugend-Altersklasse die WM-Qualifikation turnen. Unter die ersten fünf, die zur WM fahren dürfen, habe ich es zwar nicht ganz geschafft, aber es war eine tolle Erfahrung. Dieses Jahr habe ich mich für den zwölfköpfigen WM-Kader der Erwachsenen qualifiziert, sodass ich erneut bei der WM-Qualifikation antreten darf. Im Cyrturnen bin ich 2016 Doppel-Weltmeisterin geworden.

Was muss man mitbringen, um in dem Sport erfolgreich zu sein?

KG: Ich sage immer Freude – wer da verbissen rangeht, hat zwar auch Chancen, aber keinen Spaß. Darüber hinaus ist Disziplin wichtig. Auch wenn es mal nicht so gut läuft, sollte man weitermachen. Zudem sollte man ergänzend Krafttraining machen und körperliche Flexibilität mitbringen. Man geht z. B. oft in den Spagat oder muss die Schultern überdehnen. Angst sollte man auch nicht haben, sonst traut man sich manche Sachen einfach nicht. Und natürlich Teamfähigkeit.

Manchmal sieht man auch mehrere Personen in einem Rhönrad…

KG: Ja, z. B. für Shows, wenn zwei Turner auf den Stangen in der sogenannten „Rundschaukel“ sitzen.

Wie sieht ein Wettkampf aus?

KG: Wettkämpfe finden aufgrund der großen Räder nur in entsprechend großen Turnhallen statt. Wie viel Platz nötig ist, zeigen Übungen mit dem Rhönrad auf gerader Strecke – diese ist immer 27 Meter lang. Heute gibt es keine Pflicht-Übungen mehr, nur noch die Kür-Anforderungen, wobei bei Kindern die Kür doch eine gewisse Grundstruktur hat. Am Wettkampftag absolviert man die Disziplinen Sprung-, Spirale- und Gerade-Turnen. Das Gerade-Turnen ist bei den Erwachsenen dann auf Musik.

In 2017 haben Sie in der RTL-Show Ninja Warrior Germany mitgemacht. In dieser Show absolvieren die Teilnehmer einen anspruchsvollen Parcours. Wie kamen Sie auf die Idee, mitzumachen?

KG: Ich hatte ganz klassisch Werbung im Fernsehen gesehen. Da mir Hangeln und ähnliche Elemente liegen, habe ich mich einfach beworben. Während des Castings in Köln habe ich anhand verschiedener Stationen meine Fähigkeiten in Balance, Hangeln und Sprungkraft unter Beweis stellen dürfen. Darauf folgte ein Interview. Ich war ziemlich schnell in der engeren Auswahl, sicher auch aufgrund des ungewöhnlichen Hobbies. RTL hat anschließend bei mir zu Hause in der Halle einen Vorstellungstrailer gedreht, das dauerte etwa acht Stunden. Danach habe ich tatsächlich die Zusage bekommen.

Wie und wie lange haben Sie sich auf die Show vorbereitet?

KG: Intensiv trainiert habe ich zwei bis drei Monate. Einer meiner Trainer hat mich sehr unterstützt, war mit mir mehrmals in der Trampolinhalle in Wiesbaden. Dort haben wir einige Parcourselemente geübt. Allerdings weiß man nie, was drankommt. Das erfährt man immer erst am Show-Tag selbst. Aber z. B. das vielen bekannte Springen von Palette zu Palette kann man in einer Trampolinhalle gut üben. Ansonsten kenne ich durch meinen Sport meine körperlichen Grundfertigkeiten sehr gut. Mir ging es zudem um den Spaß an der Show. Mir war klar, dass ich nicht so weit kommen werde.

Welche Parcoursteile fanden Sie besonders spannend und herausfordernd?

KG: Besonders spannend ist für mich immer das zweite Hindernis, bei diesem Part teilt sich für mich die Spreu vom Weizen. In meinem Parcours war dieses Level sogar einem Rhönrad ähnlich aufgebaut, man musste sich mit Körperspannung in eine Art Drehscheibe klemmen. Das musste man dann etwa fünf Rotationen durchhalten und anschließend wieder stabil auf der Matte landen.
Am schwierigsten sind für mich Balance-Elemente, daran bin ich in der Show auch letztendlich gescheitert. Ich musste wacklige Stufen hochlaufen und habe das Gleichgewicht verloren. Da ich nicht ins Wasserbecken unter den Stufen fallen wollte, bin ich einfach wieder zurückgelaufen. Weil das aber gegen die Regeln ist, war meine Ninja Warrior-Karriere damit beendet.

Was muss man mitbringen, um in der Show Erfolg zu haben?

KG: Manche Sportler haben bessere Chancen als andere. Die besten Voraussetzungen bringen meiner Meinung nach Parkour-Sportler mit. Die haben eine Sprungkraft, die man sich eigentlich gar nicht antrainieren kann. Aber sie springen ständig von so unterschiedlichen Ebenen, dass sie mit der Zeit sehr flexibel werden. Auch Turner haben gute Chancen. Wer nur ins Fitness Studio geht und Gewichte stemmt, kommt in der Regel nicht weit. Meist fehlt das Gefühl für den Körper, auch wenn viele Muskeln vorhanden sind.

Konnten Sie schon einmal Inhalte des Studiums auf Ihr Hobby anwenden oder umgekehrt?

KG: Bisher ist es eher umgekehrt: Die Disziplin aus dem Sport, welche ich mir über die Jahre antrainiert habe, bringt mich auch im Studium weiter. Teamfähigkeit wende ich ebenfalls in beidem an – Rhönradturnen ist in meinem Verein weniger der Einzelsport, auch wenn viele das Rhönradturnen als solchen wahrnehmen. Unser Show-Team sorgt für viel Team Spirit. Aber in Zukunft ist es sicher auch andersrum möglich. Im Sommer haben wir unsere 50-Jahr-Feier im Verein, da werde ich in der Planung bestimmt das ein oder andere Learning aus Marketingvorlesungen anwenden können.

Soll es beruflich auch in Richtung Sport gehen?

KG: Nicht als hauptberuflicher Aktivsportler – gerade weil meine Wettkampf-Karriere im Rhönrad- und Cyrturnen so langsam Richtung Ende geht. Sport soll aber auf jeden Fall die Basis meines Jobs sein, ich studiere ja auch International Sports Management. Ich möchte gern in Richtung Fußball gehen; meine Zeit bei Mainz 05 war wirklich spannend.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

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