Olympic Day 2021

die kalten ringe olympia

Mit der Deutschen Olympischen Akademie (DOA), dem Landessportbund Hessen und dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport (HMdIS) hat die accadis Hochschule Bad Homburg am 23.06.2021 den Olympic Day 2021 ausgerichtet. Der Dokumentarfilm „Die Kalten Ringe“, der die Veranstaltung einleitete, zeigt eine ganz besondere Facette der Sportgeschichte. Bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio trat letztmalig für lange Zeit eine gesamtdeutsche Mannschaft an – vom IOC zur Einheit gezwungen. Ergreifende Momente – wenn Zeitzeugen im Film und in der anschließenden Podiumsdiskussion zu Wort kommen – sind der Ausgangspunkt für den Bogen, der von Tokio 1964 bis Tokio 2020, aber auch darüber hinaus geschlagen wurde.

Der alljährliche Olympic Day – Erinnerung an den Gründungstag des Internationalen Olympischen Komitees (IOC)

Jedes Jahr beteiligen sich mehr als 170 Länder auf fünf Kontinenten am Olympic Day und organisieren Sport-, Kultur-, und Bildungsangebote für Menschen aller Altersgruppen. Über 134 Millionen Menschen prägten im vergangenen Jahr den Olympic Day, der den Gründungstag des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) am 23. Juni 1894 und damit die Olympischen Werte in Erinnerung ruft. Ausrichter des Olympic Day in Deutschland ist die DOA, die sich in diesem Jahr mit der accadis Hochschule Bad Homburg der Verquickung von Sport und Politik gewidmet hat.

Politische Leistungsschau und menschlich Ergreifendes im Kontext von Tokio 1964

Die Olympischen Spiele als größtes internationales Sportereignis sind auch für die Politik eine hochinteressante Plattform. Das Aufzeigen des Spannungsfelds zwischen der postulierten Neutralität des Sports und politischer Einflussnahme auf denselben war das Anliegen der Veranstaltung. „Selbst das Modische ist politisch.“ Dieses Zitat aus dem Dokumentarfilm „Die kalten Ringe“ von den Filmemachern Thomas Grimm und Dr. René Wiese illustriert gut den umfassenden Einfluss der Politik auf alle Facetten der Spiele in der Zeit des Kalten Krieges. Die Kurzfassung der Dokumentation, die die Geschichte des gesamtdeutschen Olympia-Teams 1964 in Tokio zeigte, stellte einen eindrucksvollen Einstieg in die Thematik dar.

In zwei Diskussionsrunden beleuchteten die Experten unter der Leitung von Moderator Dr. René Wiese die Verflechtungen von Sport und Politik unter verschiedenen Gesichtspunkten. In einem ersten Panel diskutierten Filmemacher Thomas Grimm, Professor Dr. Manfred Lämmer, stellvertretender Vorsitzender der DOA, und Hans-Joachim Klein, Mitglied der gesamtdeutschen Schwimm-Staffel 1964, zum Thema „Olympisch vereint, politisch geteilt“. Ergreifend wurde es immer dann, wenn Menschliches, wenn Persönliches unter dem Druck der politischen Auseinandersetzung stand: Die „Republikflucht“ eines Bahnradfahrers bei Ausscheidungswettkämpfen und die Geschichte um Drogen und Zwang, die inszeniert werden musste, um die Familie in Ostdeutschland zu schützen. Die entstandene Freundschaft in der Schwimmstaffel, die zum Besuch westdeutscher Sportler bei einer Hochzeit eines ostdeutschen Schwimmers führte, worauf eine über zwei Jahrzehnte währende Trennung der Freunde bis zur Deutschen Einheit folgte.

Über Regenbogenfarben und nicht immer ganz so einfache Antworten

Die zweite Diskussionsrunde lenkte den Blick auf die aktuellen Spiele in Japan und künftige Perspektiven im Verhältnis von Politik und Olympischer Bewegung. Lenka Dienstbach-Wech, mehrfache Olympiateilnehmerin, ehemalige Weltmeisterin im Rudern, DOA-Vorstandsmitglied und u. a. Mitglied der IOC-Kommission „Medical and Scientific Commission“, der aktive Zehnkämpfer und accadis-Studierende Andreas Bechmann sowie Professor Dr. Holger Preuß, ebenfalls DOA-Vorstandsmitglied und Gastprofessor an der accadis Hochschule Bad Homburg, beleuchteten die Möglichkeiten des Sports, einen Beitrag zu Völkerverständigung zu leisten.

Auch der aktuelle Bezug zur Regenbogendiskussion um die Allianzarena fehlte nicht. Dabei wurde eines deutlich: Die Welt ist nicht schwarz-weiß, einfache Antworten greifen meist zu kurz. Der aktuell meinungsführenden Position, dass die UEFA die Regenbogenillumination der Münchner Allianzarena nicht hätte verbieten dürfen – welch eine Doppelmoral! – stand eine andere Sicht der Dinge gegenüber. Natürlich soll man für Diversität und gegen Ausgrenzung seine Stimme erheben. Und jede „Respekt-Kampagne“ verdient Unterstützung. Aber wäre eine Regenbogenbeleuchtung in der konkreten Situation München nicht eher gegen etwas – anstatt für etwas – gewesen? Gegen Ungarn? Gegen die ungarische Mannschaft? Gegen die ungarischen Zuschauer? Völkerverständigung sieht anders aus – zumal man weder bei der Mannschaft noch bei den Zuschauern davon ausgehen kann, dass sie die Position der politischen Führung teilen. Es gibt also auch gute Gründe, gegen das Zeichen der Regenbogenillumination in dieser konkreten Situation zu sein.

Der Blick über den Tellerrand des eigenen Horizonts – auch das ist ein Anspruch der Olympischen Werte und des Olympic Days

„Mit unserer Veranstaltung ‚Olympia zwischen Sport und Politik’ ist es uns gelungen, wichtige historische und aktuelle Themen des Olympischen Sports mit ausgewiesenen Expertinnen und Experten der Olympischen Bewegung zu beleuchten“, so DOA-Direktor Dr. Gerald Fritz. Die zweistündige Veranstaltung fand in hybrider Form statt: Vor Ort nahm ein ausgewählter Kreis von etwa 20 Personen an der accadis Hochschule Bad Homburg an dem Format teil. Der Online-Live-Übertragung folgten rund 60 weitere Personen. Darüber hinaus wird die DOA die Aufnahmen der Podiumsdiskussionen auf ihrer Website veröffentlichen, um mit dem Bildungsauftrag der Deutschen Olympischen Akademie, der immer ein Beitrag zu Verständigung und ausgewogenem Diskurs sein soll, weitere Interessenten zu erreichen.

Professor Dr. Florian Pfeffel, Leiter der Sport Management-Forschungsgruppe der accadis Hochschule Bad Homburg, ergänzt: „Es ist unser Anspruch, Nachwuchsführungskräfte auszubilden und diese auch über den Tellerrand blicken zu lassen. Unser Programm zum diesjährigen Olympic Day hat dabei spannende Facetten aufgezeigt und mit dem Filmbeitrag zu Tokio 1964 sowie den Beiträgen von Zeitzeugen Gänsehautmomente geschaffen und so zum Nachdenken angeregt."



© www.accadis.com   Donnerstag, 24. Juni 2021 16:16 Redaktion
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