
Es stehen einem so viele Möglichkeiten offen: Man könnte ins sonnige Sevilla, oder die Chance nutzen, mal an einem amerikanischen College zu studieren. Oder warum nicht gleich nach Südafrika oder in das ferne China? Trotz dieser prominenten Optionen habe ich mich für das vermeintlich unspektakuläre Breda in den Niederlanden entschieden. Und diese Entscheidung war absolut richtig.
„Ein paar“ Kommilitonen mehr
Fangen wir mit der Uni an. Die Avans Hogeschool ist eine der größten Einrichtungen in den Niederlanden auf der Ebene einer Hochschule. Mit 30 000 Studenten, von denen ca. 20 000 in Breda studieren, ist die Avans damit etwas größer proportioniert als die doch etwas beschaulichere accadis. An der Avans läuft vieles anders, als wir es von der accadis gewohnt sind. Manche Fächer werden in „Lectures“ abgehalten, bei denen man Uni-typisch mit 300 Studenten im Hörsaal sitzt und sich die Vorlesung anhört. Zu diesen Lectures kommen dann noch Trainings in der bekannten Gruppenstärke von um die 30 Teilnehmern, in denen man das theoretisch erlernte Wissen nochmal praxisorientiert anhand von Case Studies aufarbeitet. Andere Fächer wiederum werden von Anfang an in den kleineren Trainings gelehrt, Theorie und Übungen direkt miteinander verknüpft.
Klausur mal anders
Klausuren werden im sehr ungewohnten Multiple-Choice-Verfahren durchgeführt, an das man sich nach einer Weile aber gewöhnt. Hier muss ich ehrlich sagen, dass es schwieriger war als vorher vermutet, da Fragen häufig mit kleinsten Details die richtige Antwort nur nach genauem Hinschauen finden lassen. Mit etwas Vorbereitung und Übung wird aber auch dieses Hindernis gemeistert, so dass man sich nach einer Weile sehr effizient auf die Klausuren vorbereiten kann. Darüber hinaus sollte man sich an der Avans auf viel Gruppenarbeit einstellen – in Form von mindestens zwei Gruppenprojekten und zwei weiteren Reports.
Kommunikative Niederländer
Bewegen wir uns von der Uni nun in Richtung des Wohnens. Ich habe über Facebook ein Zimmer zur Untermiete in einer Studenten-WG gefunden und hatte das Glück, mit vier Holländern zusammenwohnen zu können. Das war auf der einen Seite eine neue Erfahrung, weil Holländer schon etwas anders ticken als wir Deutschen, aber auf der anderen Seite hatte ich selten so viel Spaß wie mit diesen manchmal chaotischen Mitbewohnern. Ich durfte generell feststellen, dass die Niederländer ein super freundliches und lebensfrohes, aber auch etwas verrücktes Volk sind. Egal wo ich war, auf der Straße, an der Uni, im Supermarkt oder in einer Bar, jeder hat sich mit mir unterhalten, sobald ich mich als Ausländer zu erkennen geben musste. Neben netten Gesprächen sind die Niederländer dabei immer für einen lockeren Spruch oder etwas Schabernack gut. Fremdsprachen sind für sie ganz normal, das allgemeine Englisch-Niveau ist ausgesprochen gut. Kommunikationsprobleme gab es daher wirklich nie.
Mit dem Rad – aber mit Licht!
Den krönenden Abschluss meines kurzen Erfahrungsberichtes habe ich dem Studentenleben außerhalb der Uni vorbehalten. Für dieses ist Breda geradezu prädestiniert. Mit dem Fahrrad ist prinzipiell alles und jeder binnen zehn Minuten zu erreichen. Auch morgens um 05:00 Uhr fährt sich das Fahrrad mit dem ein oder anderen Bier intus noch problemlos zur Haustür der Wahl. Vorausgesetzt, man fährt mit Licht, hier sind die örtlichen Polizisten rigoros. Und Verkehrsdelikte jeglicher Art sind in den Niederlanden super teuer!
Abwechslungsreiches Abendprogramm
Die Feier- und Barkultur in Breda ist für Studenten optimal. Anfangs noch als Bar „getarnt“, werden ab ca. 23:00 Uhr alle Etablissements in kleine Clubs umfunktioniert, wodurch lästiges durch die Gegend Laufen hinfällig wird. Genug Abwechslung ist auch gegeben, sodass man eigentlich jeden Abend in einen neuen Laden gehen kann. Falls man mal einen Abend nicht in die Stadt möchte, kann man sich auch mit einer der vielen Hauspartys ablenken oder mal Bowlen oder ins Kino gehen. Auch für Sightseeing sind Breda und die Niederlande optimal. Breda hat eine hübsche alte Kernstadt, die von einem typisch niederländischen Kanal eingerahmt ist. Im Norden der Innenstadt findet sich der Park Valkenberg, der vor allem an sonnigen Tagen sehr angenehm ist. Mit der für Studenten recht günstigen Bahn ist man außerdem super fix in Eindhoven, Tilburg, Rotterdam oder Amsterdam.
Mein Fazit
Und nun noch das hier übliche Fazit: Ich bin mit meiner Entscheidung, nach Breda zu gehen, super zufrieden. Ich habe neue Freunde gefunden und werde definitiv mal wieder hinfahren. Wenn auch vielleicht nicht so exotisch wie China, die USA oder Südafrika, so sind die Niederlande doch ein ausgesprochen hübsches Fleckchen Erde, auf dem man, gerade als Student, nicht nur eine sehr gute Lernumgebung findet, sondern auch eine Menge Spaß haben kann.
Erik Hille
General Management 2018