
Bachelor-Student Willi Fagioli berichtet über seine Erfahrungen und Learnings aus dem Modul "Business English".
Business English – braucht man das wirklich?
Als ich erfahren habe, dass über alle drei Jahre des
Studiums Englisch als Fach verpflichtend unterrichtet wird, war ich
zwiegespalten: Auf der einen Seite ist es heutzutage natürlich wichtig,
Englisch wie eine zweite Muttersprache zu beherrschen, daher ergibt es Sinn,
die Sprache zu unterrichten. Andererseits habe ich nur die Unterrichtsstunden
in meinem Kopf gehabt, die während der Schulzeit manchmal mehr, manchmal
weniger uninteressant und fast schon als nervig anzusehen waren. Meine Sorge
war die, dass wir auf der accadis in Englisch „so Sachen wie Gedichtanalysen“
machen würden, Dinge, die ich nach dem Abitur gehofft hatte, nie wieder sehen
zu müssen – natürlich nichts gegen kulturelle Bildung.
Nach einem Jahr Business English kann ich mit Sicherheit sagen, dass sich
meine Sorge gar nicht bestätigt hat, tatsächlich kann ich sogar behaupten, mein
Englisch in einem Jahr sehr verbessert zu haben.
Academic Writing – Verfassen von akademischen Texten auf Englisch
Im ersten Trimester war das Thema „Academic Writing“, also
das Schreiben von sprachlich akademischen Texten in englischer Sprache. Was im
ersten Moment als eher langweilig aufgenommen werden könnte, hat einen ganz
anderen Nachgeschmack, und zwar einen extrem Positiven. Um unser Level zu
verbessern, sollten wir einen ersten Draft schreiben, den wir nach der
Vorlesung abgeben mussten und der korrigiert wurde. Meine Blätter sowie die der
meisten Kommiliton*innen waren nach der Korrektur sehr rot bemalt, es wurde
nämlich auf die minimalsten Kleinigkeiten geachtet und alles, was ansatzweise
nicht gepasst hat, wurde angestrichen. Die Aufgabe bestand darin, über die zehn
Vorlesungswochen mindestens drei Drafts abzugeben. Das Thema, über das
wir schreiben mussten, blieb dabei immer das Gleiche, sodass wir inhaltlich
keinen riesigen Aufwand betreiben mussten, sondern uns auf die sprachlichen
Kompetenzen konzentrieren konnten. Von Draft zu Draft habe ich
selbst gespürt, wie mir das Einhalten der Regeln zum „Academic Writing“ immer
einfacher fiel, bis wir bei der Prüfung einen letzten Draft schreiben
mussten. Wenn ich im Nachhinein meinen ersten Draft mit meinem
Prüfungstext vergleiche, kann ich kaum verstehen, wie ich in so einer kurzen
Zeit so viel Grundlegendes zum Besseren verändern konnte.
Presentations – Erfolgreich präsentieren auf Englisch
Im zweiten Trimester war die Thematik „Presentations“, dabei
wurde überwiegend auf ein flüssiges und frei gesprochenes Englisch Fokus
gelegt. Zu den Aufgaben gehörten bspw. ein Elevator Pitch zu einem uns
unbekannten Unternehmen, das wir in knappen 60 Sekunden so effektiv wie möglich
vorstellen mussten. Auch hier habe ich eine gute Steigerung meines Niveaus am
Ende des Trimesters gespürt. Die Prüfung bestand aus einer zehnminütigen
Präsentation eines Unternehmens unserer Wahl. Die größte Schwierigkeit war
dabei, dass man keine Notizen bzw. Unterlagen oder Hilfsmittel wie z. B. eine
PowerPoint Präsentation verwenden durfte, es waren also zehn Minuten reines
freies Sprechen. Die Präsentation wurde im Audioformat aufgenommen, sodass wir
uns selbst im Nachgang zur Prüfung anhören konnten. Die Aufgabe war es dann,
ein transcript der Audiodatei zu schreiben und eine reflection zu
unserer Vorstellung abzugeben, dies wurde auch bewertet. Am Ende war das
Schlimmste, sich selbst auf der Audiodatei zu hören, und das dann noch in
englischer Sprache. Jeder wird diese Erfahrung bei einer eigenen
WhatsApp-Sprachnachricht schon gemacht haben.
Discussions and Debates – Professionell diskutieren auf Englisch
Im dritten Trimester, das wegen Covid-19 ausschließlich
online stattfand, wurden wir dem Gebiet der „discussions and debates“ nähergebracht.
Hierbei waren logischerweise die gesprochenen Fähigkeiten am entscheidendsten,
im Zentrum standen aber auch typische Diskussionsfloskeln und Idiome der
englischen Sprache, die in Debatten Relevanz haben. Während des Trimesters
wurden zahlreiche Diskussionen geführt, oftmals über unterschiedliche
Themengebiete und in verschiedenen Gruppenkonstellationen. Manchmal sollte man
sogar nicht die eigene Meinung vertreten, sondern die einer zugeteilten Rolle,
die eine relevante Meinung zum meist politisch-wirtschaftlichen Themengebiet
hatte. Wie in den Trimestern zuvor habe ich auch hier eine Steigerung vor allem
meiner sprachlichen Sicherheit in Diskussionen gewonnen.
900 Vokabeln innerhalb eines Jahres – Steigerung der Sprachkompetenzen
Was unbedingt auch noch erwähnt werden muss, sind die
Vokabeltests, die dritteljährlich immer am Ende jeden Trimesters stattfinden.
Während der Vorlesungszeit müssen wir uns selbst eine Liste von mindestens 300
Vokabeln anlegen, wobei die Wörter aus den Vorlesung kommen können, aber auch
aus privaten Quellen, wie aus englischen Nachrichten, die man zu Hause schaut,
Filme, Bücher etc. Im ersten Trimester werden ein paar dieser 300 Wörter
stichprobenartig abgefragt, und die Note des Tests geht zu einem kleinen Teil
in die Endnote mit ein. Das Besondere an diesem Test ist nun, dass man in den
Folgetrimestern nicht einfach das gleiche Prozedere wie im Ersten hat, sondern
es wird schwieriger. Man muss nämlich jeweils im zweiten und dritten Trimester
eine neue Liste mit mindestens 300 neuen Wörtern anlegen, sodass man am Ende
des dritten Trimesters schließlich aus einem Pool von 900 Wörtern abgefragt
wird. Es klingt sehr zeitaufwendig und ehrlich gesagt auch etwas nervig, aber eine
Steigerung der Sprachkompetenzen erreicht man nur durch ein ständiges und
diszipliniertes Lernen von Vokabeln.
Fazit und Tipps
Ein Tipp für angehende Erstis: Beginnt eure Vokabelliste von Anfang an zu
füllen und nicht erst zwei Wochen vor den Prüfungen!
Das Niveau des Jahrgangs ist für Schulverhältnisse relativ
hoch, da viele Kommiliton*innen ein Auslandsjahr im englischsprachigen Raum
gemacht oder sogar in diesem Raum für länger gelebt haben und dort auf die
Schule gegangen sind. Ich als relativ guter Englisch-Grundkursschüler auf einem
staatlichen Gymnasium in Frankfurt hatte am Anfang das Gefühl, unter
Muttersprachlern zu sitzen, das hat sich dann aber relativiert, da ich mich gut
an das Niveau anpassen konnte und mich auch schnell verbessert habe. Ich glaube
aber, dass auch Studenten, zu deren Stärken Sprachen nicht gerade gehören,
trotzdem gut in den Vorlesungen mitkommen und sich stark verbessern können.
Noch eine Notiz an zukünftige Erstis: Bedenkt, dass man in jedem Trimester
neben Business English auch mindestens ein Wirtschaftsfach auf Englisch
hat, also sollte man ein gewisses Niveau mitbringen.
Mit dem Wissen, das ich zu diesem Zeitpunkt über das Modul Business
English habe, kann ich mit vollster Entschlossenheit sagen: Der Aufwand ist
zwar für einen auf den ersten Blick eher unwichtigeren Kurs für ein
Management-Studium relativ hoch, jedoch die Vorteile, die dadurch entstehen, und
der tatsächliche Gewinn, den man daraus zieht, sind es auf jeden Fall wert.
Dabei ist es auch nicht von Relevanz, ob man mit sehr hohen englischen
Kenntnissen in das erste Jahr startet, oder eher Durchschnitt ist – jeder, der
es will, wird davon profitieren.
Willi Fagioli, International Sports Management B. A. 2022