Blitze, Donner und eine Kamera – Storm Chaser Jonas Piontek im Interview

catatumbo gewitter in venezuela

Wenn andere sich eilig unter das nächste Vordach stellen und fieberhaft nachdenken, wo man sich während eines Gewitters nicht aufhalten sollte, geht es für den accadis-Studenten Jonas Piontek (Bachelor-Studiengang Media and Creative Industries Management) erst richtig los. Kaum warnen Wetterstationen und Radio vor Gewitter und schweren Unwettern, steigen Piontek und sein Team von Gewitterjagd ins Auto und jagen als „Storm Chaser“ mit der Kamera den Blitzen hinterher. So entstehen beeindruckende fotografische Szenen, die dem Betrachter die Kraft der Natur vor Augen führen. Die Fotografie begleitet Jonas Piontek auch im Hochschulalltag. Auf zahlreichen Hochschulevents ist er mit der Kamera unterwegs. Seine Fotografien verwendet die accadis Hochschule Bad Homburg auf ihrer Website, in Social Media Kanälen und Broschüren. Im folgenden Interview berichtet er von spannenden und gefährlichen Situationen mit Blitz und Donner, der wachsenden Storm Chasing Community – und den besten Kameras für Einsteiger.

Herr Piontek, wie oft sind Sie im Schnitt pro Jahr auf der Jagd nach Blitz und Donner?

Jonas Piontek: Im vergangenen Jahr sind wir zehn bis fünfzehn Mal unterwegs gewesen. Es kommt immer darauf an, wie es die Zeit zulässt. In 2015 war allgemein viel zu tun.

Ganz lapidar ausgedrückt: Wie finden Sie Gewitter?

Jonas Piontek: Wir orientieren uns an Wetterrohkarten. Aus diesen kann man herauslesen, auf welche Tage man sich am besten konzentriert.

Wie läuft eine Gewitterjagd ab?

Jonas Piontek: Wir besprechen uns immer im Team und legen grob das Zielgebiet fest, zum Beispiel Nordrhein-Westfalen. Dann orientieren wir uns an Satellitenbildern und fahren los.

Wenn Sie ein Gewitter lokalisiert haben, wie finden Sie dann den besten Standort, von dem aus Sie fotografieren können?

Jonas Piontek: Wir suchen uns einen möglichst hochgelegenen Punkt, um eine Rundumsicht zu haben. Es ist auch wichtig, immer „vor“ dem Gewitter zu sein, nicht „im“ Gewitter, da dann das Fotografieren sehr schwierig ist. Es ist fast schon eine Art Katz- und Maus-Spiel: Wir warten auf das Gewitter, fahren dann vorne weg, warten dann wieder, fahren dann weiter.

Was war Ihr außergewöhnlichstes Erlebnis? Wie nah sind Sie Blitzen (Blitzeinschlägen) schon gekommen?

Jonas Piontek: Grundsätzlich kann es in einem Umkreis von 20 bis 30 Metern schon mal gefährlich werden, wenn der Blitz einschlägt. Das Nächste, was wir in einem Auto einmal erlebt haben, waren zwei Meter.

Wie viele Mitglieder umfasst Ihr Team?

Jonas Piontek: Wir sind fünf feste Mitglieder, dazu kommen noch Freunde, die uns hin und wieder unterstützen.

Mit wie vielen Personen machen Sie sich bei einer Tour auf den Weg?

Jonas Piontek: Wir versuchen immer, zu mehreren zu fahren, denn manchmal muss man vieles gleichzeitig machen: Auto fahren, den Weg finden, fotografieren. Alleine kann das schon mal schwierig werden.

Gibt es eine Storm Chasing Community in Deutschland?

Jonas Piontek: Ja, es gibt eine Community, sie ist aber relativ klein, vielleicht ein paar tausend Leute. Allerdings interessieren sich immer mehr junge Leute für Fotografie, Unwetter und Gewitter. So deckt die Community immer größere Flächen ab.

In welchem Alter haben Sie begonnen, Gewitter zu fotografieren?

Jonas Piontek: Eingestiegen bin ich in einem Alter von circa 15 Jahren über die Fotografie. Ich hatte mir spaßeshalber einmal die Kamera von meinem Vater genommen, und das fand ich – ganz salopp ausgedrückt – dann ganz witzig.

Was ist Ihre größere Passion, das Storm Chasing oder die Fotografie?

Jonas Piontek: Am Anfang stand die Fotografie. Das Storm Chasing war für mich dann ein guter Weg, zwei Dinge zu kombinieren: Die Dokumentation von Sturm und Gewitter in anspruchsvollen Bildern. Das ist meine persönliche Nische geworden.

Was fotografieren Sie ansonsten gern?

Jonas Piontek: Ich bin ein Landschaftsfan. Deshalb bin ich im vergangenen Jahr oft für Landschaftsmotive herumgefahren. Ich suche nach besonderen Orten, an denen bisher nur wenige Menschen waren, und entwickle dann ganz eigene Kompositionen aus Orten.

Wohin haben Sie Ihre Recherchen bereits geführt?

Jonas Piontek: Meist bin ich deutschlandweit unterwegs. Ein paar Mal war ich aber auch beispielsweise in Belgien und Frankreich.

Welche außergewöhnlichen Erlebnisse hatten Sie bisher durch das Storm Chasing?

Jonas Piontek: Ich habe einmal mit dem japanischen Sender NHK – er rangiert etwa auf der Ebene von ARD oder BBC – in Venezuela gedreht.

Um was ging es bei diesem Projekt genau?

Jonas Piontek: In Venezuela gibt es einen See zwischen zwei Armen der Anden. Zwischen April und November gibt es dort ein lokales Wetterphänomen. Durch eine immens hohe Luftfeuchtigkeit gewittert es dort fast ununterbrochen. Das fängt abends gegen sechs, sieben Uhr an und hört erst morgens wieder auf. Und wir reden nicht von leichtem Landregen, es schüttet durchgängig wie aus Eimern. Das sind wesentlich intensivere Gewitter als hier. In einer Nacht fällt dort so viel Regen wie hier in einem Jahr. Die Blitzrate ist extrem hoch, wir haben einmal circa 300 Blitze in einer Minute gehabt, das ist quasi Tageslicht.

Was genau war Ihre Aufgabe innerhalb des Projekts?

Jonas Piontek: Zum einen sollte ich als Fotograf Bilder machen, zum anderen aber als Sturmjäger erklären, was so faszinierend am Storm Chasing – gerade in so einer extremen Wetterlage – ist.

Wie viele Bilder haben Sie in Venezuela gemacht?

Jonas Piontek: In zehn Tagen waren es etwa 1800. Es gab aber auch Tage, an denen wir nur im Regen Bilder machen konnten, die sind leider nicht gut geworden. Und im Verhältnis gibt sich das auch nicht viel, an guten Tagen schaffe ich auch in Deutschland an die 400 bis 500 Bilder.

Wo soll es mit dem Projekt Gewitterjagd in Zukunft hingehen?

Jonas Piontek: Momentan machen wir viel mit deutschen Medien wie dem ZDF, RTL II und Sat1. Außerdem unterstützt uns der HR sehr gut.

Wäre Storm Chasing auch hauptberuflich etwas für Sie?

Jonas Piontek: Aufgrund der kleinen Community und da in Deutschland rund um die Thematik nicht so viel los ist, wird es wohl nicht mein Hauptberuf werden.

Nebenberuflich geht es aber weiter?

Jonas Piontek: Auf jeden Fall. Derzeit plane ich mit einem Freund aus Slowenien, der kürzlich den National Geographic Traveler Contest gewonnen hat, Fotoworkshops anzubieten. Wir wollen den Leuten zum Beispiel in Schottland, Venezuela, den Alpen, den Dolomiten, zeigen, wie Sie Orte für eigene Kompositionen finden. Sie sollen auch lernen, mit Kameraeinstellungen und Bildbearbeitung umzugehen.

Wie ist Ihre Tendenz: Eher Nikon oder Canon?

Jonas Piontek: Da bin ich ein schlechtes Beispiel, ich hatte zuerst eine Pentax, dann eine Nikon, dann eine Canon, dann wieder eine Nikon. Das muss jeder für sich entscheiden.

Welche Kamera empfehlen Sie Anfängern?

Jonas Piontek: Die Markenwahl macht da keinen großen Unterschied. Es kommt auch weniger auf die Kamera an, viel wichtiger ist die Qualität der Objektive. Und die sind zum Beispiel bei den beiden Branchenriesen Nikon und Canon gleich gut und gleich teuer. Meiner Meinung nach ist das wichtigste ohnehin, einfach rauszugehen und auszuprobieren. Nur so findet man seinen eigenen Stil und eigene Motive. Ich empfehle immer, den eigenen Weg zu gehen, dann spielt die Art der Kamera nur eine untergeordnete Rolle. Und letztlich kann man als Anfänger heute auch die Automatikmodi nehmen, das ist für den Anfang schon in Ordnung. Ab einem bestimmten Grad an Professionalität gibt es allerdings keine Automatikeinstellungen mehr.

Ab wann ist man denn in diesen Sphären unterwegs?

Jonas Piontek: Das ist auch eine Preisfrage, Vollformatkameras fangen bei 1500 Euro und mehr an. Die sollte man sich erst zulegen, wenn man sicher ist, dass man kontinuierlich dranbleibt und auch etwas mit den Fotos machen möchte.

Abschließend, in welche Richtung soll es hauptberuflich bei Ihnen gehen?

Jonas Piontek: So genau weiß ich das noch gar nicht. Zuerst dachte ich, dass Mediengestaltung mein Bereich ist. Nach einem Praktikum habe ich meine Meinung aber relativiert. Mittlerweile tendiere ich in Richtung TV.

Herr Piontek, vielen Dank für das spannende Interview. 

Weitere beeindruckende Bilder von Blitzen und Stürmen gibt es in einem Best of-Video des Storm Chaser Teams „Gewitterjagd“, dem auch Jonas Piontek angehört.

Übrigens: accadis-Student Valentin Nickolai war mit deutschen Kader im Inline Hockey auf der Weltmeisterschaft. Wir haben mit ihm ein spannendes Gespräch geführt.  

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